Autor Thema: Bezirksschornsteinfeger - Rechnung und Inkasso für 5min Besichtigung!  (Gelesen 6781 mal)

Bumi

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Hallo an alle!

Ich habe ein Problem mit meinem Bezirksschornsteinfegermeister.
Aber der Reihe nach....

Im September 2010 baten wir unseren zuständigen Schornsteinfegermeister telefonisch,
doch einmal bei uns vorbeizukommen, da wir über den Einbau eines Kamins nachdenken, aber nicht wissen, ob wir diesen an der gewünschten Stelle einbauen dürfen.
Zwei Tage später stand er auf der Matte. Er schaute sich die Sache an, maß ein paar Sachen mit dem Zollstock, sagte uns, das der Einbau prinzipiell dort möglich wäre und wollte uns noch einen Kostenvoranschlag für den Schornstein schicken. Dann verschwand er wieder....
Das die 5min von ihm einen ordentlichen Batzen Geld kosten sollen, vergaß er anscheinend zu erwähnen.
Wir hörten dann sehr lange nichts mehr von ihm.
(Da unsere Heizung mit einer Wärmepumpe funktioniert, haben wir sonst auch nichts mit ihm zu tun.)
Wir haben den Einbau des Kamins auch verworfen, da der Kosten-Nutzen-Faktor nach etwas herumgerechne absolut für uns nicht gegeben war.
Vor etwa 14 Tagen (1,5 Jahre nach dem Besuch!) dann das unglaubliche: Post vom Inkassobüro!
Darin wurde ich aufgefordert, die Rechnung des Schornsteinfegers (die wir nie bekommen haben) inkl. Obulus für den Inkassodienst zu bezahlen.
Ich habe daraufhin schriftlich die Zahlung verweigert mit dem Hinweis, nie eine Rechnung bekommen zu haben und der Schornsteinfeger auch mit keiner Silbe erwähnt hat (meine Frau ist Zeuge), das sein Besuch Geld kostet. Wir wollten lediglich eine unverbindliche Fachmeinung der Sachlage.
Gestern kam die Antwort vom Inkassobüro:
Der Schornsteinfeger ist angeblich nicht verpflichtet mich über Gebühren für den Besuch zu informieren.
Die Rechnung von damals plus eine Mahnung dazu (die wir auch nie bekommen haben) waren als Kopie beigefügt.

Jetzt meine Frae an Euch:

Habe ich gegen solche Willkür eine Chance dagegen vorzugehen?
Darf der mir einfach 1,5 Jahre nach dem Besuch eine (meines erachtens zurückdatierte)
Rechnung schreiben und dann gleich mit dem Inkassobüro kommen?

Über Eure Meinung würde ich mich sehr freuen.

Viele Grüße, Andreas
« Letzte Änderung: 27.04.12, 13:22 von Datko »

TWMueller

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Zuerst wäre die Frage zu stellen, in welcher Funktion der Schornsteinfeger bei Ihnen war. War er HOHEITLICH als Kehrbezirks-Verwalter da, um über baurechtliche Vorgaben zu informieren? Oder war er als HANDWERKER vor Ort, der eine Beratungsleistung erbrachte?

Da er ein Inkassobüro mit der Beitreibung der Rechnung beauftragt hat, geht er zumindest selbst davon aus, eine ZIVILRECHTLICHE Handwerkerleistung erbracht zu haben. Die Unterscheidung beider Fallvarianten hat dann Bedeutung, wenn Rechtsmittel genutzt werden sollen. Bei Handwerkerrechnungen ist der Zivilrechtsweg gegeben. Das heißt, der SF muß, wenn der Kunde nicht zahlt, einen gerichtlichen Mahnbescheid beantragen oder Klage beim AMTSGERICHT erheben.

Die "Mahnung" eines Inkassobüros hat rechtlich praktisch keine Relevanz. Ihr kommt, wenn der Zugang der ursprünglichen Rechnung bestritten wird, jedoch ggf. ein Nachweis für den (verspäteten) Zugang der Rechnung zu. Im Zivilrecht liegt die Beweispflicht immer bei demjenigen, der eine Behauptung aufstellt. Wenn der SF somit behauptet, eine Rechnung geschrieben und zugestellt zu haben, so muss ER ggf. vor Gericht diesbezüglich BEWEIS antreten. Dürfte etwas schwierig werden, wenn lediglich ein Versand mit normaler Post behauptet wird, denn selbst wenn die Absendung beweisbar wäre, ist damit noch lange nicht zugleich der Zugang bewiesen.

Mit dem durch die Reaktion nachweisbaren Zugang der Rechnungskopie in Gestalt der Inkasso-Mahnung beginnt insbesondere, was ggf. Verzugszinsen anbelangt, eine neue Frist zu laufen. Grundsätzlich geschuldet wird jedoch nur der Rechnungsbetrag, der für die erbrachte Leistung angemessen ist. Beim Schornsteinfeger gibt es durch das Schornsteinfegergesetz, das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz in Verbindung mit der Kehr- und Überprüfungsordnung gesetzliche Preisvorgaben. Berechnet werden darf somit nur im Rahmen der Anlage A zur KÜO.

Bei der Prüfung der Rechnung muss daher zunächst festgestellt werden, ob es sich um eine nach KÜO pauschalierte Leistung oder um eine nach Zeit abzurechnende Zusatztätigkeit handelt. Im ersten Fall gilt der AW-Wert der KÜO, im zweiten Fall muss natürlich die TATSÄCHLICHE Zeit berechnet werden.

Prinzipiell ist eine Handwerker-Rechnung auch noch nach 1,5 Jahren zulässig. Eine Verjährung würde erst 3 Jahre nach Ende des Leistungsjahres eintreten.

Es könnte daher sinnvoll sein, den als angemessen (nach Prüfung gegen die KÜO) anzusehenden Rechnungsbetrag (ohne Mahnkosten und Zinsen) UNTER VORBEHALT zu überweisen. Wenn der Feger dann mehr will, muss er vor Gericht ziehen. In diesem Fall kann dann ggf. der UNTER VORBEHALT gezahlte Betrag ebenfalls einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden.

Im Hinblick auf ein denkbares Zivilverfahren sollte man grundsätzlich so wenig Informationen wie möglich an die Gegenseite liefern. Also keine ausführlichen Antwortschreiben mit unnötigen Erklärungen. Alles, was der Gegenseite schriftlich vorliegt, kann in einem Prozess ggf. als Beweismittel dienen. Es genügt daher, ggf. den Zugang der Originalrechnung zu bestreiten und ggf. der Rechnungshöhe unter Angabe eines anerkannten Teilbetrags zu widersprechen.

Sogar, wenn ein gerichtlicher Mahnbescheid zugestellt werden sollte, muss diesem zwar unbeding FRISTGERECHT WIDERSPROCHEN werden, aber auch dann bedarf es KEINER BERGÜNDUNG. Alle Gegenargumente, Belege und Beweise (z.B. Zeugenaussagen) sollte man sich für die Erwiderung in einem denkbaren Klageverfahren aufsparen. Der Gegenseite werden dann nicht mehr Beweise geliefert, als unbedingt nötig.

P.S.
Etwas verwunderlich ist die Ausführung, dass der Schornsteinfeger einen "Kostenvoranschlag" schicken wollte. Fegerarbeiten sind gesetzlich preislich geregelt. Hier bedarf es keines Kostenvoranschlags. Wollte der Feger vielleicht auch in einem anderen Gewerk, z.B. als Kaminbauer oder Ofenhändler tätig werden? In diesem Fall könnte ein Missbrauch der besonderen hoheitlichen Stellung gegeben sein. Besonders verwerflich (und strafbar) wäre es, wenn ein Bezirksschornsteinfeger die Abnahme eines neuen Kamins für den Fall, dass er oder ein befreundetes Unternehmen einen Auftrag erhielte, als "problemlos" versprechen würde.
« Letzte Änderung: 27.04.12, 21:52 von TWMueller »
Thomas W. Müller
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Bumi

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Hallo,

erstmal Danke für die ausführliche Antwort.

Was mich eigentlich so aufregt ist, das er damals weder am Telefon noch beim Besuch etwas davon gesagt hat, das sein Besuch
Geld kostet. Dann hätte wir ihn nämlich gar nicht erst kommen lassen, da wir ja noch in der Vorvorvor-Planphase waren.
Für mich ist das einfach moralisch verwerflich, vorher nichts über zu erwartende Kosten zu sagen und jetzt zu behaupten, er müsse das auch nicht.
Der Rechnungsbetrag beläuft sich übrigens auf 125,37 € für eine "Vorbesichtigung gem. BbgBauGebO".
Aufgeteilt in: 55,35 € für Überprüfung und Bescheinigung der Nutzbarkeit der Feuerstätte,
45,00 € für die Feuerungstechnische Bemessung von Abgasanlagen und 5,00 € Fahrtkostenpauschale.

Der Kostenvoranschlag sollte für die Beschaffung und Errichtung des Schornsteines sein, den er gerne von seiner Firma einbauen lassen wollte.

Ich bin so sauer auf den Typen....



Viele Grüße, Andreas

TWMueller

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Der Rechnungsbetrag beläuft sich übrigens auf 125,37 € für eine "Vorbesichtigung gem. BbgBauGebO".

Nun, zumindest sollte man im Internet mal die Brandenburgische Bau-Gebühren-Ordnung suchen und prüfen, ob dort Regelungen für die Leistungen eines Schornsteinfegers getroffen wurden.
Wenn ja, und wenn sich der SF hierauf bezieht, wäre dies ein Indiz, dass dieser NICHT handwerklich, sondern HOHEITLICH tätig geworden sein will. Öffentlich-rechtliche Gebühren dürfen nur auf Basis einer Rechtsgrundlage erhoben werden. Ansonsten wären es Kosten zu Lasten des allgemeinen Haushalts.

Wenn die Rechnung nicht gezahlt wird und der SF ein Mahnverfahren betreiben sollte, erscheint es sinnvoll, ggf. der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu widersprechen. Öffentlich-rechtliche Gebühren können von einer "Behörde" nicht im Zivilrechtsweg eingeklagt werden. Beruft sich der SF dann darauf, Handwerker sein zu wollen, entfällt jede Bindung an Gebührensätze einer Verordnung. Es würde dann nur der angemessene Stundensatz des Handwerkers für die TATSÄCHLICH geleistete Arbeitszeit geschuldet.

Zudem erstaunt mich die Bezeichnung "Überprüfung und Bescheinigung der Nutzbarkeit der Feuerstätte". Wie kann man etwas ÜBERPRÜFEN, das es noch gar nicht gibt?

Beim Versuch, auch einen Auftrag für handwerkliche Arbeiten am Schornstein zu erhalten, grenzt das Verhalten des BSF an ein "Angebot zur Bestechung". Es sollte klar Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Aufsichtsbehörde eingelegt werden. War der BSF HOHEITLICH tätig, darf er seine SONDERSTELLUNG nicht für eigenwirtschaftliche Interessen missbrauchen.
Thomas W. Müller
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Bumi

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Leider habe ich den Kostenvoranschlag ja (genau wie die Rechnung und Mahnung) auch nie bekommen. Darum hab ich in Sachen Aufsichtsbeschwerde leider nichts konkretes in der Hand.

Ich würde die Sache am liebsten einem Anwalt übergeben, damit der sich mit dem rumärgert.
Aber welcher Anwalt wäre dafür am besten? Einen für Verwaltungsrecht oder geht dafür jeder Anwalt?
Meine Rechtschutzversicherung würde das denke ich sogar übernehmen, da Verwaltungsrecht da mit drin ist.
Aber wie Du schon sagtest, ist das ja vlt. gar kein Verwaltungsrecht-Ding, weil der über das Inkasso gegangen ist?
Ich werde jetzt erstmal ganz offiziell der Rechnung widersprechen und den darauf hinweisen,
das die "hoheitlichen" Sachen, wie "Vorbesichtigung gem. BbgBauGebO" und "Überprüfung und Bescheinigung der Nutzbarkeit der Feuerstätte" auf seiner offensichtlichen Handwerkerrechnung nichts zu suchen haben. Oder sollte ich den Hinweis besser lassen?

Viele Grüße und Danke!

Andreas

Datko

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...
Ich würde die Sache am liebsten einem Anwalt übergeben, damit der sich mit dem rumärgert.
Aber welcher Anwalt wäre dafür am besten? Einen für Verwaltungsrecht oder geht dafür jeder Anwalt?
...

Bitte nicht in der Ich-Form, sondern möglichst allgemein schreiben, um Problemen mit dem Berufsrecht der Juristen aus dem Weg zu gehen. In Rechtsforen wird häufig darauf hingewiesen, dass Rechtsprobleme in allgemeiner Form dargestellt werden sollen. In Deutschland gibt es scheinbar einen Hang dazu, die Menschen abhängig zu halten, um sie abkassieren zu können.

Meines Wissens nach gibt es in Stralsund einen Anwalt, der Erfahrung mit Schornsteinfegerproblemen hat.
Siehe: http://www.rechtsanwalt-stralsund.de/kanzlei.htm
Herr RA Heinichen
« Letzte Änderung: 02.05.12, 18:05 von Datko »
Joachim Datko - Ingenieur, Physiker
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Klare Antwort: WEGLASSEN !!!

Es stellt sicher KEINE unerlaubte Rechtsberatung dar, wenn man ganz ALLGEMEIN daruf hinbweist, dass man in Verhandlungssituationen nie unnötig alle Karten aufdecken sollte. Wie beim Kartenspiel gewinnt ja nicht derjenige, der den ERSTEN Stich macht, sondern der, der AM ENDE obsiegt. Und der eine oder andere Trumpf in der Hinterhand kann zumindest nicht schaden. Man sticht ja nicht gleich mit dem höchsten Trumpf. Man wählt die Karte, die gerade ausreicht, den Stich zu machen. Und wenn am Ende noch Trümpfe übrigbleiben, was schadet es? Hausptsache, man hat EINE gute Karte mehr, als der Gegner.

Rein strategisch genügt es, Angriffe nur soweit abzuwehren, dass hiervon keine Gefahr mehr ausgeht. Man schont die eigenen Kräfte und legt nicht unnötig offen, über welche Mittel man noch verfügt. Wenn der Schornsteinfeger Geld haben will, ist es dessen Sache, sich für einen Rechtsweg und ggf. die Mittel zu entscheiden. Trifft er die falsche Wahl, hat er ggf. bereits verloren. Aber, wer will ihm das Recht nehmen, vielleicht in die Falle der Rechtsunklarheiten zu tappen? Und sollte der Vorgang tatsächlich vor Gericht landen, hat man noch das eine oder andere Argument in Reserve.

Prinzipiell ist ja zudem derjenige, der etwas will, in der etwas schlechteren Ausgangsposition. Wenn der SF also Geld will, so laß ihn doch mal machen. Ohne VOLLSTRECKBAREN TITEL besteht zunächst keine Gefahr. Und je nachdem, welches Rechtsmittel er einsetzt bzw. welches Gericht er anruft, bleibt dann immer noch Zeit, sich selbst zu verteidigen oder den Rechtsanwalt zu beauftragen, der sich vor dem gewählten Gericht am besten auskennt.

Und abschließend noch etwas zur Moral. Jahrzehntelang haben die Bezirksschornsteinfeger ihre Rolle als Bezirks-Fürsten teils bis zur Schmerzgrenze ausgenutzt. Jetzt kommt die Zeit, sich zu bedanken. Ich würde mir wünschen, es gäbe in Deutschland viele und immer mehr Menschen, die gegenüber den Fegern genau so kleinlich sind, wie diese Zunft in der Vergangenheit die Bürger behandelt hat. Man muss halt nur GENAU hinschauen und Formfehler aufdecken, Rechtswidersprüchlichkeiten thematisieren und alle Möglichkeiten des Verfahrensrechts zum eigenen Vorteil nutzen. Bezirksschornsteinfeger haben auch keinerlei Skrupel, z.B. Prüfbescheinigungen Freier Schornsteinfeger nicht anzuerkennen, nur weil deren Unterschrift nicht leserlich ist oder der EU-Kollege angeblich zu oft in Deutschland arbeitet. Wer sich selbst alle Rechte nehmen will, darf sich nicht wundern, wenn es die Anderen ebenso machen. Wie man in den Wald hinein ruft, schallt es heraus.
« Letzte Änderung: 02.05.12, 21:53 von TWMueller »
Thomas W. Müller
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