Autor Thema: SchfHwG - Reform-Unwille und politischer Betrug  (Gelesen 8585 mal)

TWMueller

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Wir schreiben das Jahr 2013. Das 2008 vom Deutschen Bundestag verabschiedete "Schornsteinfeger-Handwerksgesetz" ist nach langer Übergangszeit jetzt voll in Kraft getreten. Die Zeitungen berichten, dass Hausbesitzer jetzt zwar den Schornsteinfeger frei auswählen können, dann folgt jedoch sofort ein dickes "ABER". Es wird auf die auch weiterhin bestehenden Kehrbezirke und die Sonderrolle der Bezirksschornsteinfeger hingewiesen. Und natürlich werden die bürokratischen Pflichten bis hin zu Bußgeldern und Zwangsmaßnahmen drastisch dargestellt. Im Ergebnis darf sich dann ein Bezirksschornsteinfeger äußern und darauf hinweisen, dass fast alle seiner "Kunden" ihn auch weiterhin beauftragen würden und dies letzendlich für den Bürger ja auch das Einfachste und Sicherste sei.

Und kommt dann doch mal ein Hausbesitzer auf die Idee, von seinem Wahlrecht Gebrauch machen zu wollen, prallt er gegen die Front der Schwarzen Männer. Sogar die Stiftung Warentest musste feststellen, dass sie trotz mehrerer Preisanfragen keine Angebote von Schornsteinfegern erhalten hat. Wie formulieren es die Bezirksinhaber? "Ich bin mit den Arbeiten in meinem Kehrbezirk so ausgelastet, ich habe gar keine Kapazitäten frei, um Kunden aus anderen Bezirken abzuwerben." Der Volksmund formuliert anders: "Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus."

Da hatte die Europäische Kommission schon seit Jahren gefordert, dass auch in Deutschland die Schornsteinfeger als ganz normale Handwerker zu betrachten seien und somit ein Kehr-MONOPOL für Bezirksinhaber mit europäischem Recht nicht vereinbar ist. Nun Deutschland hat in seinem Bestreben, das Kehrbezirks-System mit seinen halbstaatlichen Schnüfflern, die Zugang praktisch in alle Häuser erlangen, möglichst lange beizubehalten, das Ganze zunächst einfach ausgesessen. Erst als ein Vertragsverletzungsverfahren drohte, wurde 2008 das Gesetz reformiert. Und die Politik konnte den "Schwarzen Peter" an die EU weitergeben. "Liebe Schornsteinfeger. Wir wollten Eure Sonderrechte ja nicht beschneiden. Die böse EU ist schuld."

Und dann folgte die halbherzigste "Reform", die man sich denken kann. Das Ziel der Politik war von Anfang an, so viel wie möglich zu erhalten und nur gerade so wenig anzupassen, dass die EU Ruhe gibt. Dabei hätte schon ein Blick ins Grundgesetz gereicht, um erkennen zu können, dass das, was die EU gefordert hat, eigentlich seit dem Inkraftreten unserer "Übergangs-Verfassung" auch DEUTSCHES Recht ist. Ein kombiniertes Berufs- und Bezirks-MONOPOL ist mit dem Geist einer freiheitlich demokratischen Grundordnung kaum in Einklang zu bringen.

Da hilft auch nicht das immer wieder propagierte Märchen der "Öffentlichen Sicherheit", des deutschen Brandschutzes und natürlich, ganz zeitgemäß, der Hinweis auf den Umweltschutz. Wenn der Gesetzgeber eine Überwachungsbehörde will, soll er eine BEHÖRDE einrichten. Dann muss jedoch das allgemein anwendbare Verwaltungsrecht gelten. Und wenn er glaubt, Aufgaben könnten auch von der Wirtschaft übernommen werden, dann muss er sich auch hier an die Spielregeln halten. Von einem "Unternehmer" kann doch nur dann gesprochen werden, wenn dieser auch etwas "unternehmen" kann. Der potentielle Kunde muss doch auf einem Markt zumindest die Auswahl zwischen MEHREREN Anbietern haben. Das galt VOR 2008 und gilt auch nach 2013. Sowohl für die handwerklichen Schornsteinfeger, als auch für die angeblichen "beliehenen Unternehmer", die als Schein-Selbständige die Behörde einer Kehrbezirks-Verwaltung unter der Bezeichnung "bevollmächtigter Bezirksschornsteinfeger" übernehmen. Entweder BEHÖRDE, dann aber auch konsequent. Oder Unternehmer, Gewerbetreibender und Handwerker, dann jedoch mit zivilrechtlichen Spielregeln auf einem MARKT.

Je länger man sich mit dieser SONDER-Konstruktion beschäftigt, um so deutlicher wird einem jedoch, dass hier die Bürger von vorne bis hinten getäuscht und an der Nase herum geführt werden. Fragt man die Politik, was das Schornsteinfeger-Sonder-Gesetz eigentlich soll, wird sofort das hohe Lied des hohen Standards an Brandschutz in Deutschland angestimmt. Komisch, warum heißt das Gesetz dann nicht "Brandschutz-Gesetz"? Oder "Feuerstätten-Sicherheits-Gesetz"? Warum bindet sich der Gesetzgeber bereits im NAMEN des Gesetzes an einen bestimmten Berufsstand, noch bevor im Gesetz dann später festgelegt wird, wozu es eigentlich dienen soll?

Es ist nicht etwa so, dass zunächst ein Problem gelöst werden soll und dann als Problem-Lösung auch die Schornsteinfeger eingeschaltet werden. Nein. Erst steht fest, dass es um die Beschäftigung dieser Berufsgruppe geht. Erst steht fest, dass man unbedingt "Kehr-Bezirke" braucht. Und dann wird ein Gesetz drum herum gebastelt. Der Bund stützt sogar seine Gesetzgebungsbefugnis auf Artikel 74 Absatz 1 Nr. 11 des Grundgesetzes als "RECHT DER WIRTSCHAFT". Es geht also gar nicht primär um die "Öffentliche Sicherheit". Es geht um privilegierte halbstaatliche "Handwerker", die auch weiterhin Zugang in alle Häuser erlangen sollen.

Doch mit der Täuschung hinsichtlich der Absichten des Gesetzes ist es ja noch nicht ausgestanden. Man muss nur mal bedenken, wie das "Schornsteinfeger-Handwerksgesetz" im Langtext bezeichnet wird. Es heißt nämlich: "Gesetz über das Berufsrecht und die Versorgung im Schornsteinfegerhandwerk".

Und bereits mit Paragraf 1 Absatz 1 Satz 1 dieses Gesetzes wird der Etikettenschwindel enttarnt. Da hießt es nämlich: "Eigentümer von Grundstücken und Räumen sind verpflichtet, ..." Jetzt müsste spätestens jedem LOGISCH denkenden Menschen auffallen, dass Gebäude-EIGENTÜMER den Beruf des "Schornsteinfegers" gar nicht ausüben. Wenn ein Gesetz ein "Berufsrecht" regeln will, was hat das dann mit Pflichten für JEDERMANN zu tun? Und, man muss nur bis zum Absatz 3 weiterlesen, es soll sogar das Grundrecht auf "Unverletzlichkeit der Wohnung" eingeschränkt werden. Spinne nur ich? Was hat das mit dem "Berufsrecht der Schornsteinfeger" zu tun?

Man kann dann noch an vielen Stellen weitermachen. Es sei nur beispielhaft die Einrichtung der "Kehrbezirke" und der Umstand genannt, dass bestimmte "Gebühren" im Wege des VERWALTUNGS-Vollstreckungswegs beigetrieben werden sollen. Was haben die Regelungen zu einem VERWALTUNGS-Verfahren in einem HANDWERKS-Gesetz zu suchen? Wieso behaupten Politik und Verwaltung beharrlich, die "bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger" seien "beliehene" UNTERNEHMER, behandeln diese dann jedoch, als sei die Kehrbezirks-VERWALTUNG eine übliche BEHÖRDE? Und spätestens, wenn ein Handwerker mit HOHEITLICHEN Aufgaben betraut werden soll, müsste JEDEM klar sein, dass soeben die Grenze des "RECHTS DER WIRTSCHAFT" überschritten wurde.

Warum regelt das Grundgesetz überhaupt die Zuständigkeiten zwischen dem Bund und den Ländern, wenn diese Verfassungsbestimmungen dann elegant per Etikettenschwindel umgangen werden können? Ist der Politik wirklich das Einkommen der Schornsteinfeger wichtiger, als unsere Verfassungsgrundsätze? Warum wird die Sicherheit von Feuerstätten nicht grundgesetzkonform (Art. 70 bis 74 GG) von den LÄNDERN gesetzlich geregelt? Und überhaupt, was hat diese "Sicherheit" eigentlich zwingend mit "Schornsteinfegern" zu tun?

Jeder Jurastudent lernt, das "Rechtsklarheit" und "Rechtswahrheit" fundamentale Grundsätze eines Rechtsstaats sind. Aber das Schornsteinfegerwesen steht wohl außerhalb des Rechts. Hausbesitzer werden im Rahmen eines "Berufsrechts" zur beauftragung und Duldung von Arbeiten verpflichtet. Grundrechte werden eingeschränkt, obwohl das mit einem "Recht der Wirtschaft" auch nicht ansatzweise etwas zu tun hat. Es werden Kehrbezirke eingerichtet und Handwerker als deren Verwaltungsleiter bestellt, die per Verwaltungsakt Pflichten für die Bürger bestimmen dürfen. Und das alles unter dem Etikett eines "Handwerksgesetzes". Was hat das noch mit "Rechtswahrheit" und "Rechtsklarheit" zu tun?

Wer es nicht glauben mag, sollte selbst mal das "Schornsteinfeger-Handwerksgesetz" und die hierauf basierende "Kehr- und Überprüfungsordnung" lesen. Man findet ja noch nicht mal KONKRETE Angaben, welchen Gefahren der Gesetzgeber überhaupt begegnen will. Da wird zwar von der "Erhaltung der Betriebs- und Brandsicherheit" gesprochen, was dies jedoch GENAU bedeuten soll, wird nirgends definiert. Will der Gesetzgeber etwa verhindern, dass in kalten Winetrn eine Heizungsanlage ausfällt (Betriebs-Sicherheit), um zu verhindern, dass Bewohner kläglich erfrieren?

Da wird nicht etwa ausgeführt, es solle Russbränden im Schornstein entgegen gewirkt werden. Oder man wolle Vergiftugen durch CO-Gas vorbeugen. Wenn dies nämlich so klar formuliert wäre, könnte ja jemand auf die Idee kommen, dass es auch andere, einfachere, kostengünstigere und vielleicht sogar wirksamere Möglichkeiten gibt, diesen Risiken zu begegnen. Vielleicht würde ja jemand z.B. erkennen, dass TECHNISCHE Sicherungen wirksamer wären und man sich das ganze Brimbimborium mit den Kehrbezirken und den Sonder-Gesetzen für Schornsteinfeger schenken könnte. Oder die Protektoren der Feger-Zunft kämen in Erklärungsnot, warum nicht auch ein Heizungsinstallateur-Meister bei seiner Wartung den CO-Wert im Abgas messen kann.

Ach ja, geht ja nicht. Das Gesetz heißt ja nicht "Feuerstätten-Sicherheitsgesetz". Es heißt "Schornsteinfeger-Handwerksgesetz". Und ein Gesetz, dass bereits den Beruf der Schornsteinfeger im Namen trägt, kann doch keine Arbeiten für ANDERE Berufsgruppen zulassen. Und so ein bischen Verfassungsbruch muss der deutsche Michel schon aushalten, wenn es doch um die ÖFFENTLICHE SICHERHEIT geht.

"Liebe Mitbürger, leider müssen wir das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung im Rahmen einer berufsrechtlichen Regelung einschränken. Nur durch das halbstaatliche Aufsichts-System der Kehrbezirke und die Zwangsbesuche durch dem Staat ergebene besonders protegierte Spezial-Gebäude-Reiniger können wir auch weiterhin die Kontrolle behalten. Fragen Sie nicht, welche Rechte Ihnen die Verfassung gibt. Fragen Sie lieber, wie Sie die Arbeit der Schornsteinfeger erleichtern können. Und füllen Sie bitte die Formulare und Formblätter sorgfältig aus. Andernfalls müssen wir den Hausbesuch Ihres Bezirks-Aufsehers notfalls mit Polizeigewalt durchsetzen. Aber wir wollen doch nur Sicherheit und Ordnung - Und natürlich das gesicherte und angemessene Einkommen unserer tapferen Männer und Frauen an der Kehrfront."

Nach Grimms Märchen nun also Berliner Märchen. Und wenn sich die Bürger das gefallen lassen, werden sie auch in Zukunft weiter fegen.
Thomas W. Müller
Aktion SchornsteinFegerRechts-Reform

Tel.: 0170 5258679
Mail: AKTUELL BITTE  KEINE MAILS
FORUM: http://sfr-reform.carookee.com/
Ich freue mich über jeden persönlichen Kontakt.

MB500

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Re: SchfHwG - Reform-Unwille und politischer Betrug
« Antwort #1 am: 21.06.13, 22:24 »
Baden Württemberg hat seine Sache im Jahr 2008 gut gemacht und die Problematik zumindest teilweise erkannt. Die Macht der Schornsteinfegerlobby auf die ganz große Politik in Berlin war jedoch stärker . Das ist der Beweis ,daß nicht alle Bundesländer diesem korrupten Abzockermodell einfach kleinbei geben wollten.
Jetzt heißt es  das Ganze von hinten wieder aufzurollen und BW darf sich jetzt mit meiner Petition ausgiebig beschäftigen mit einer anderen Landesregierung.

MB 500SL

http://www9.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/2000/14_2539_d.pdf


Landtag von Baden-Württemberg
Drucksache 14 /
2539
14. Wahlperiode 26. 03. 2008
Antrag
der Abg. Dr. Reinhard Löffler u. a. CDU
und
Stellungnahme
des Wirtschaftsministeriums
Reform des Schornsteinfegerwesens
Antrag
Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen
zu berichten,
1. welche Auswirkungen der Referentenentwurf der Bundesregierung zur
Neureglung des Schornsteinfegerwesens im Hinblick auf die von der Euro-
päischen Kommission angemahnte Liberalisierung des Marktes für
Schorn steinfegerdienstleistungen für das Land Baden-Württemberg, für
die Kommunen und für den Verbraucher haben wird;
2. welche Aufgaben und Befugnisse dem neu zu schaffenden Amt des Be-
zirksbevollmächtigten zukommen und welche vom Bund festgelegten Ge-
bühren dem Verbraucher dadurch entstehen;
3. welche Behörde im Land künftig die Tätigkeit des Bezirksbevollmächtig-
ten überwachen wird;
4. welche Schornsteinfegerleistungen dem Wettbewerb offen stehen und wel-
che Aufgaben künftig ausschließlich vom Bezirksbevollmächtigten durch-
geführt werden;
5. welcher bürokratische Mehraufwand durch das duale System von wettbe-
werblichen Schornsteinfegerleistungen und Aufgaben des Bezirksbevoll-
mächtigten entstehen und ob es dadurch beim
Verbraucher zu
einer Ko
sten-
einsparung bei Schornsteinfegerleistungen kommen wird;
Eingegangen: 26. 03. 2008 / Ausgegeben: 22. 04. 2008
1
Drucksachen und Plenarprotokolle sind im Internet
abrufbar unter: www.landtag-bw.de/Dokumente
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
6. welche zusätzliche Pflichten und welcher zusätzliche bürokratische Auf-
wand dem Verbraucher künftig abverlangt wird;
7. ob sie der Ansicht ist, dass den Kommunen bei den Ausschreibungen des
Bezirksbevollmächtigten alle sieben Jahre Mehrbelastungen entstehen im
Verhältnis zur bisherigen Kehrbezirksausschreibung;
8. ob sie der Ansicht ist, dass die Verkürzung der Feuerstättenschau von 5
auf 3,5 Jahre mit den umweltpolitischen Zielen, Anreize zur Anschaffung
von emissionsarmen Anlagen zu schaffen, vereinbar ist und ob sie Vor-
schläge zur Verkürzung der Kontrollintervalle einbringt;
9. ob sie der Auffassung ist, dass die Kehr- und Überprüfungsordnungen in
der Verantwortung der Länder bleiben müssen;
10. wie sie die Vorschläge des Handwerks zu einem Integrationsmodell für
das Schornsteinfegerwesen beurteilt.
19. 03. 2008
Dr. Löffler, Pfisterer,
Schwehr, Krueger, Razavi CDU
Begründung
Die Bundesregierung legte im September 2007 einen Entwurf zur Neuord-
nung des Schornsteinfegerwesens vor. Die EU hatte mit einem Vertragsver-
letzungsverfahren vor dem EuGH gedroht, weil das deutsche Schornsteinfe-
gergesetz nicht mit den Artikeln 43 und 49 des EGV vereinbar sei. Die EU-
Kommission vertritt die Auffassung, dass das deutsche Schornsteinfegerwe-
sen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit zuwiderlaufe und seine
Monopolstruktur einer angestrebten Liberalisierung von Schornsteinfeger-
dienstleistungen nicht entspräche. Der vorliegende Entwurf der Bundesregie-
rung stößt in den Ländern auf Kritik, weil zum einen wettbewerbliche und
hoheitliche Elemente verzahnt werden und eine faktische Monopolisierung
bestehen bleibt und zum andern in Länderkompetenzen eingegriffen wird.
Für Verbraucher und Kommunen kann im Ergebnis der Entwurf zu mehr Bü-
rokratie und zu erhöhten Kosten führen.
Stellungnahme
Mit Schreiben vom 16. April 2008 Nr. 3–1548.0/171 nimmt das Wirtschafts-
ministerium zu dem Antrag wie folgt Stellung:
1. welche Auswirkungen der Referentenentwurf der Bundesregierung zur
Neuregelung des Schornsteinfegerwesens im Hinblick auf die von der Eu-
ropäischen Kommission angemahnte Liberalisierung des Marktes für
Schornsteinfegerdienstleistungen für das Land Baden-Württemberg, für
die Kommunen und für den Verbraucher haben wird;
Generelle Einordnung des Entwurfes:
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Reform des
Schornsteinfegerwesens soll das starre System des Bezirksschornsteinfeger-
2
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
meisters, der allein in einem Kehrbezirk tätig werden durfte, beseitigt wer-
den.
Die Forderungen der Europäischen Kommission
nach freiem
Dienstlei
stungs-
verkehr und Niederlassungsfreiheit für Schornsteinfeger aus dem EU-Aus-
land erfüllt der Entwurf der Bundesregierung zwar formal und ein Vertrags-
verletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wurde bisher
abgewendet. Die Bundesregierung hat allerdings die Chance nicht genutzt,
im Zuge der notwendigen Reform ein wirklich modernes Schornsteinfeger-
recht zu schaffen, das auch materielle Verbesserungen mit sich bringt.
Die Landesregierung von Baden-Württemberg hatte im Jahr 2004 im Rah-
men ihrer Bürokratieabbau-Initiative eine Neuordnung des Schornsteinfeger-
wesens in Deutschland gefordert. Die Marktöffnung im Schornsteinfegerwe-
sen, auch hin zum SHK-Handwerk, die Auflösung der Kehrbezirke und die
Stärkung der Eigenverantwortung der Bürger waren die grundlegenden Ziele
der Landesregierung, die damit eine Vielzahl von Beschwerden der Bürger
und Forderungen des SHK-Handwerks aufgriff.
Die Landesregierung hält an diesen Zielsetzungen grundsätzlich fest.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wird diesen Zielen jedoch nicht ge-
recht, er baut eine neue Bürokratie auf und droht im Ergebnis für die Bürger
teurer zu werden. Im Gesetzentwurf wurden die Ziele so gesteckt, dass kaum
Raum für System überwindende Veränderungen bleibt. Neue Beurteilungs-
spielräume eröffnen sich immer dann, wenn technischer Fortschritt oder Än-
derungen in der allgemeinen Wertigkeit einer Sache zu verzeichnen sind. Die
sich daraus ergebenden Spielräume sind jedoch kaum genutzt. Vor allem die
technische Entwicklung hat zu einer Risikominderung bei privaten Heizungs-
anlagen geführt, sodass es gerechtfertigt erscheint, die Eigenverantwortung
der Bürger stärker als bisher mit einzubeziehen und das Vertrauen in die Er-
füllung der Sorgfaltspflichten durch Private und Unternehmen zu stärken.
Der Gesetzentwurf lässt dagegen formal zwar Wettbewerb zwischen den
Schornsteinfegern zu, steckt die Möglichkeiten aber so eng ab, dass das alte
System lediglich etwas variiert wird und faktisch kaum nennenswerter Wett-
bewerb entstehen kann.
Auswirkungen für das Land Baden-Württemberg, für die Kommunen und
den Verbraucher:
Im geltenden Recht unterliegt das Schornsteinfegerwesen der Aufsicht des
Landes. Wirtschaftsministerium, Regierungspräsidium Stuttgart und die unte-
ren Verwaltungsbehörden wirken daran mit. Das Wirtschaftsministerium ist
zuständig für den Erlass von Rechtsverordnungen und das Regierungspräsi-
dium Stuttgart als Vorort-Präsidium für die Führung der landesweiten Bewer-
berliste. Es übt auch die Fachaufsicht über die unteren Verwaltungsbehörden
aus. Sie sind für alle anderen Angelegenheiten des Schornsteinfegerrechts zu-
ständig, etwa für die Aufsicht über die Bezirksschornsteinfegermeister, die
Kehrbezirke oder die Durchsetzung der Kehr- und Überprüfungspflichten.
Die Kehrbezirkseinteilungen sind bisher jedes fünfte Jahr verpflichtend von
der unteren Verwaltungsbehörde nachzuprüfen, bei Vorliegen besonderer
Gründe häufiger. Hierfür waren komplizierte Berechnungen vorzunehmen,
die beim Land und den Behörden erheblichen Aufwand verursachen.
Die Bewerberliste und ihre Führung sollen künftig vollständig entfallen.
Stattdessen sollen die Bezirke nach dem Entwurf über ein objektives, trans-
parentes und diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren jeweils befris-
tet für sieben Jahre an einen Bezirksbevollmächtigten durch die zuständige
3
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
Behörde vergeben werden. Der Bevollmächtigte soll auch der Aufsicht der
zuständigen Behörde unterstehen.
Die Bezirke sollen der Überprüfung der Einhaltung der Eigentümerpflichten
(Reinigung und Überprüfung der Anlagen, Durchführung der Immissions-
schutzmessungen) dienen. Konkrete Kriterien für die Größe der Bezirke sind
im Gesetzentwurf allerdings nicht genannt.
Die Ausschreibung der Kehrbezirke und die Bestellung der Bezirksbevoll-
mächtigten werden, so die Befürchtung des Wirtschaftsministeriums, in der
Praxis für die zuständigen Behörden zu einer aufwändigen Aufgabe. Die
Landesregierung hat hierfür die Vorschriften zu erlassen. Eine Vergabe der
Verwaltungsbezirke nach wirtschaftlichen Kriterien (Preissenkungswettbe-
werb) ist dabei nicht möglich.
Auf die Eigentümer bzw. die Verbraucher werden, so die Befürchtung des
Wirtschaftsministeriums, mit der Neuregelung Kostensteigerungen für
Dienstleistungen der Schornsteinfeger zukommen. So soll die sog. Feuerstät-
tenschau, die bisher alle fünf Jahre durchgeführt wurde, künftig zweimal in
sieben Jahren stattfinden. Für die Häufung der Feuerstättenschau sind keine
feuer- und brandschutztechnischen Erfordernisse erkennbar. Die Neurege-
lung ist aus Sicht des Wirtschaftsministeriums sowohl wirtschaftlich als auch
rechtlich inakzeptabel.
Hinzu kommt, dass in dem Entwurf die Emissionsmessungen weiterhin zu
den wesentlichen Tätigkeiten des Schornsteinfegerhandwerks gezählt werden
mit der Folge, dass diese Messungen ausschließlich vom Schornsteinfeger-
handwerk und nicht auch vom SHK-Handwerk durchgeführt werden dürfen.
Ein Kosten senkender Wettbewerb bleibt so aus. Die Landesregierung wird
sich im Bundesrat weiterhin dafür einsetzen, dass die Prüf- und Über -
wachungstätigkeiten an Kleinfeuerungsanlagen nach der 1. BImSchV für das
Installationshandwerk geöffnet werden.
Vgl. zu den einzelnen Auswirkungen auch die Antworten auf die Fragen 2.
bis 7.
2. welche Aufgaben und Befugnisse dem neu zu schaffenden Amt des Be-
zirksbevollmächtigten zukommen und welche vom Bund festgelegten Ge-
bühren dem Verbraucher dadurch entstehen;
Den Bezirksbevollmächtigten werden Aufgaben in einem Bezirk übertragen,
die aus Gründen der Sicherstellung des Vollzugs der Kehr- und Überprü-
fungsregelungen sowie der umweltrechtlichen Anforderungen nach der Ver-
ordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen – 1. BImSchV – aus-
schließlich sie ausführen dürfen:
– die Führung des Kehrbuchs mit der Kontrolle, ob die den Eigentümern ob-
liegenden Kehr- und Überprüfungspflichten erfüllt und die Vorgaben aus
der 1. BImSchV eingehalten werden,
– als Annex zur Kehrbuchführung die Durchführung der Feuerstättenschau
zweimal im Vergabezeitraum einschließlich der Prüfung der Betriebs- und
Brandsicherheit der Anlagen,
– die Durchführung von anlassbezogenen Überprüfungen,
– die Ausstellung von Bescheinigungen zu Bauabnahmen nach Landesrecht
und
– die Durchführung von Ersatzvornahmen, wenn Eigentümer ihren Reini-
gungs-, Überprüfungs- oder Messpflichten nicht nachkommen.
4
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
Die Bezirksbevollmächtigten haben auch die Eigentümer über die durchzu-
führenden Schornsteinfegerarbeiten zu unterrichten. Die Kontrolle, ob die
Tätigkeiten ausgeführt worden sind, erfolgt über ein Formblättersystem. Für
die Aufgaben, die den Bezirksbevollmächtigten vorbehalten sind, sollen
durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Techno-
logie Gebühren festgelegt werden. Die Höhe der Gebühren ist mangels Erlass
der Verordnung noch nicht bestimmt.
Nach Auffassung des Wirtschaftsministeriums steht auch diese Konstruktion
einem effektiven Wettbewerb entgegen.
Die beabsichtigte Bestellung auf sieben Jahre ist im Zusammenhang mit der
Feuerstättenschau zu sehen, wonach deren Abstände, die bisher bei 5 Jahren
lagen, wegen dieses Bestellungszeitraumes gegenüber der bisherigen Rechts-
lage drastisch verkürzt würden. Der Entwurf sieht vor, dass die Bezirksbe-
vollmächtigten zweimal in sieben Jahren sämtliche Anlagen persönlich be-
sichtigen und die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen prüfen. Es
dürfte dem Bürger kaum zu vermitteln sein, weshalb seine bisherige identi-
sche Anlage nun in kürzeren Abständen der Feuerstättenschau unterliegen
solle.
Im Rahmen dieser Feuerstättenschau soll der Bezirksbevollmächtigte – jetzt
neu – auch die Betriebs- und Brandsicherheit prüfen. Diese Beschreibung der
Aufgabe ist
inhaltlich unklar und wird bereits jetzt schon unterschiedlich
ausgelegt
. Unbestritten ist, dass mit dieser Formulierung der Umfang der bis-
herigen Feuerstättenschau um die turnusmäßigen Kehr- und Überprüfungsar-
beiten erweitert wird. Es steht aber auch zu befürchten, dass mit dieser For-
mulierung die übliche Messung dem Bezirksbevollmächtigten vorbehalten
werden soll. Der Gesetzentwurf und seine Begründung bleiben in diesem
Punkt vieldeutig, weil nicht klar definiert wird, was unter Prüfung der Be-
triebs- und Brandsicherheit zu verstehen ist.
Es geht nicht an, die bisherige Feuerstättenschau um die üblichen jetzt im
Wettbewerb an sich zu vergebenden Arbeiten im Jahr der Feuerstättenschau
rechtsverbindlich allein dem Bezirksbevollmächtigten zu übertragen und ihm
allein vorzubehalten. Durch diese Regelung ginge dem freien Schornsteinfe-
gerhandwerk rechnerisch alle 3,5 Jahre erhebliches Auftragsvolumen verlo-
ren.
Die vorgesehene gesetzliche Regelung wäre eine massive Benachteiligung
der übrigen Berufsangehörigen, die auf den Markt und den freien Wettbe-
werb angewiesen sind.
Die Landesregierung erwartet Preissteigerungen, weil nur für die hoheit-
lichen Tätigkeiten die Gebührenordnung des Bundes gelten soll, für alle übri-
gen Tätigkeiten der Preisbildung aber keine Grenzen gesetzt sind und zu be-
fürchten steht, dass der Bezirksbevollmächtigte seine marktbeherrschende
Stellung ausnützt.
3. welche Behörde im Land künftig die Tätigkeit des Bezirksbevollmächtigten
überwachen wird;
Bisher nimmt die untere Verwaltungsbehörde die Aufsicht über die Bezirks-
schornsteinfegermeister wahr. Das Regierungspräsidium Stuttgart übt die
Fachaufsicht über die unteren Verwaltungsbehörden aus. Sobald der Bundes-
tag die endgültigen Regelungen im Schornsteinfeger-Handwerksgesetz be-
schlossen hat, wird die Landesregierung entscheiden. Vgl. hierzu auch die
Antwort zu Frage 7.
5
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
4. welche Schornsteinfegerleistungen dem Wettbewerb offen stehen und
welche Aufgaben künftig ausschließlich vom Bezirksbevollmächtigten
durchgeführt werden;
Alle Schornsteinfegerarbeiten, die keine Kontrollaufgaben beinhalten (Keh-
ren, Messen, Reinigen), können im Wettbewerb
innerhalb des Schornsteinfe-
gerhandwerks
angeboten werden. Zu den Aufgaben, die künftig ausschließ-
lich vom Bezirksbevollmächtigten durchgeführt werden, siehe Antwort zur
Frage Nr. 2.
Allerdings dürfte auch in diesem Punkt der Entwurf nicht genügend Wettbe-
werb aufkommen lassen.
Angeregt durch zahlreiche Eingaben hatte die Landesregierung schon 2003
in der ersten Tranche der Entbürokratisierungsinitiative u. a. die Abschaffung
der sog. Doppelmessung beschlossen, um auch SHK-Fachbetrieben die Mes-
sung rechtsverbindlich zu ermöglichen.
Dem Gesetzentwurf zufolge können diese Messungen bei Heizungsanlagen
nur vom Schornsteinfeger und nicht auch vom Sanitär-, Heizung- und Klima-
Handwerk durchgeführt werden. Letztere bauen diese Anlagen ein, stellen sie
messtechnisch ein, warten sie bereits jetzt schon bei einem Großteil der Feu-
erstätteninhaber und nehmen auch diese Messungen vor,
vielfach mit den
gleichen Messgeräten
. Bleibt es bei der vorgesehenen Regelung, darf auch
künftig
nur ein Schornsteinfeger
rechtsverbindlich messen.
Nach Auffassung der Landesregierung ist dies kaum zu rechtfertigen, zumal
es sich bei diesen Messungen inhaltlich nicht um solche des Brandschutzes,
also um typische Schornsteinfegerarbeiten handelt. Sie könnten von jedem
geeigneten Fachbetrieb vorgenommen werden. Da die Einhaltung der Mess-
pflichten künftig durch den Bezirksbevollmächtigten im Rahmen der Füh-
rung des Kehrbuches kontrolliert würde, dürfte es auch keine Rolle spielen,
ob diese Messungen vorher von einem Schornsteinfeger oder einem anderen
geeigneten Fachbetrieb vorgenommen würden.
Um solche „Doppelmessungen“ zu vermeiden, wird sich die Landesregie-
rung im Bundesrat weiterhin dafür einsetzen, dass die Prüf- und Über
-
wachungstätigkeiten an Kleinfeuerungsanlagen nach der 1. BImSchV für das
Installationshandwerk geöffnet werden. Insbesondere sind die Emissions-
messungen des Fachhandwerks als rechtsverbindlich anzuerkennen.
5. welcher bürokratische Mehraufwand durch das duale System von wettbe-
werblichen Schornsteinfegerleistungen und Aufgaben des Bezirksbevoll-
mächtigten entstehen und ob es dadurch beim Verbraucher zu einer Kos-
teneinsparung bei Schornsteinfegerleistungen kommen wird;
Für die Bezirksbevollmächtigten werden gegenüber den Bezirksschornstein-
fegermeistern nach altem Recht folgende neue Informationspflichten einge-
führt:
– Die Bezirksbevollmächtigten haben die Eigentümer ca. alle 3,5 Jahre
(zweimal im Bestellungszeitraum) über die durchzuführenden Schornstein-
fegerarbeiten sowie den Zeitpunkt zu unterrichten. Die Kontrolle, ob die
Tätigkeiten fristgerecht ausgeführt worden sind, erfolgt über ein
Formblät-
tersystem
.
– Gegebenenfalls hat er die zuständige Behörde über ergriffene Sicherungs-
maßnahmen zu unterrichten.
6
Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
– Gegebenenfalls unterrichtet er die zuständige Behörde über die Durchfüh-
rung von anlassbezogenen Überprüfungen mit Angabe von Gründen für die
Überprüfung sowie deren Ergebnis.
Für die Betriebe des Schornsteinfegerhandwerks ist die Pflicht zum Ausfül-
len der Formblätter eingeführt worden.
Die beabsichtigte Trennung von Aufgaben des Bezirksbevollmächtigten und
Betrieben des Schornsteinfegerhandwerks und dem damit verbundenen Auf-
bau einer neuen Bürokratie beim Verbraucher wird, so die Auffassung der
Landesregierung, nicht zu Kosteneinsparungen bei Schornsteinfegerleistun-
gen führen. Die vorgesehenen Regelungen haben zwar keine Änderungen der
Nachfrage zur Folge, da die auszuführenden Arbeiten vorgeschrieben sind.
Theoretisch könnten insgesamt mehr Betriebe die Ausführung von Schorn-
steinfegertätigkeiten anbieten als zuvor und eine Ausweitung des Angebots
könnte Kostensenkungen zur Folge haben,
Für den Bürger dürfte aber undurchsichtig sein, welche Aufgaben künftig
ausschließlich der Bezirksbevollmächtige und welche der „freie Schornstein-
feger“ ausführen darf.
Die fristgerechte Durchführung der vorgeschriebenen Arbeiten soll
über
Formblätter
den Bezirksbevollmächtigten nachgewiesen werden. Diese sind
von dem Schornsteinfeger auszufüllen, der die Arbeiten erledigt hat. Die
Schornsteinfegerarbeiten können auch an den Bezirksbevollmächtigten selbst
vergeben werden. Dann würde das Ausfüllen und Versenden der Formblätter
entfallen.
Aber auch in diesem Fall werden Kosten steigernde Umstände hinzukom-
men. Die Schornsteinfeger werden künftig in der Regel weitere Anfahrts-
wege berechnen, da sie nicht mehr „von Haus zu Haus“ arbeiten können. Zu-
dem müssen sie künftig Kosten für Werbung einkalkulieren, was bisher nicht
notwendig war.
Der
Baden-Württembergische Handwerkstag
weist darauf hin, dass die vor-
gesehenen Regelungen zu deutlich mehr Bürokratiekosten führen als im Ge-
setzentwurf ausgewiesen sind. Dort werden die Bürokratiekosten der Wirt-
schaft nach einer exante-Schätzung auf 21,75 Mio. € geschätzt. Außer Acht
bliebe bei dieser Betrachtung der weiterhin beim Bezirksbevollmächtigten
anfallende
Kostenaufwand für die Überwachung der Nachweise
. Er werde
für Baden-Württemberg allein auf 8,1 Mio. €
geschätzt.
Somit weist der Gesetzentwurf in den Bereichen Bürokratie und Kosten er-
hebliche Schwachstellen auf. Zwar könnte durch den Wettbewerb ein Fallen
der Preise erreicht werden. Die oben erwähnten Gründe lassen jedoch erheb-
liche Zweifel an einem funktionierenden Wettbewerb aufkommen.
6. welche zusätzliche Pflichten und welcher zusätzliche bürokratische Auf-
wand dem Verbraucher künftig abverlangt wird;
Sofern der Verbraucher nicht den Bezirksbevollmächtigten, sondern einen
Schornsteinfeger seiner Wahl mit den Arbeiten beauftragt, hat er die Pflicht,
die Termine zu überwachen und die Arbeiten fristgemäß ausführen zu lassen.
Die Übersendung der Formblätter an den Bezirksbevollmächtigten liegt in
seinem Verantwortungsbereich. Darüber hinaus hat er den Bezirksbevoll-
mächtigten über den Einbau neuer Anlagen sowie die Inbetriebnahme bzw.
Außerbetriebnahme bestehender Anlagen zu informieren.
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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
Werden von Seiten des Bezirksbevollmächtigten Eintragungen in den Form-
blättern moniert bzw. werden von Wettbewerbern durchgeführte Arbeiten als
nicht fachgerecht ausgeführt bemängelt, wird der Bürger mit einem bürokra-
tischen Verfahren (Anhörung) konfrontiert bis hin zu einer kostenpflichtigen
Ersatzvornahme, deren Durchführung dem Bezirksbevollmächtigten vorbe-
halten ist.
7. ob sie der Ansicht ist, dass den Kommunen bei den Ausschreibungen des
Bezirksbevollmächtigten alle sieben Jahre Mehrbelastungen entstehen im
Verhältnis zur bisherigen Kehrbezirksausschreibung;
Bewerber, die sich bisher als Bezirksschornsteinfegermeister bestellen lassen
wollen, werden auf Antrag in eine Bewerberliste eingetragen. Die Dauer der
Eintragung ist für die Bestellung maßgebend. Die Bewerberliste wird in Ba-
den-Württemberg vom Regierungspräsidium Stuttgart geführt, das auch die
Kehrbezirksbesetzungen gegenüber den unteren Verwaltungsbehörden ver-
fügt, die daraufhin die Bestellungen vornehmen.
Zukünftig sind die Kehrbezirke alle sieben Jahre auszuschreiben. Es ist zu
befürchten, dass der für die Ausschreibung und Bestellung zu leistende Ver-
waltungsaufwand von den bisher zuständigen Behörden nicht allein erbracht
werden kann, künftig also nicht nur die unteren Verwaltungsbehörden (Bür-
germeisterämter der Stadtkreise und Landratsämter) sondern auch die Kom-
munen bei der Ausschreibung der Verwaltungsbezirke bzw. der Bestellung
der Bezirksbevollmächtigten mitzuwirken haben.
8. ob sie der Ansicht ist, dass die Verkürzung der Feuerstättenschau von 5 auf
3,5 Jahre mit den umweltpolitischen Zielen, Anreize zur Anschaffung von
emissionsarmen Anlagen zu schaffen, vereinbar ist und ob sie Vorschläge
zur Verkürzung der Kontrollintervalle einbringt;
Im geltenden Recht findet die Feuerstättenschau alle fünf Jahre statt. Sie
dient ausschließlich der Feststellung von Art und Anzahl der Feuerstätten. Es
handelt sich dabei um die persönliche Besichtigung aller in einem Gebäude
befindlichen pflichtigen Anlagen (Schornsteine, Feuerstätten, Verbindungs-
stücke, Lüftungsanlagen).
Im Gesetzentwurf soll die Feuerstättenschau inhaltlich erweitert und im
Schnitt alle 3,5 Jahre durchgeführt werden. Dabei soll der Bezirksbevoll-
mächtigte persönlich sämtliche pflichtigen Anlagen besichtigen und – neu –
die Betriebs- und Brandsicherheit der Anlagen prüfen.
Insoweit besteht weder nach dem geltenden Recht noch nach dem vorliegen-
den Gesetzentwurf ein Zusammenhang mit dem technologischen Fortschritt
bereits bestehender oder neu zu errichtender Anlagen bzw. mit dem Umwelt-
oder Klimaschutz.
Derzeit werden die Intervalle, die sich nach der Kehr- und Überprüfungsord-
nung des Landes richten, als angemessen angesehen. Die Verordnung ermög-
licht eine ausreichende Flexibilität, um auf Veränderungen bei den Feue-
rungsanlagen fortlaufend reagieren zu können.
9. ob sie der Auffassung ist, dass die Kehr- und Überprüfungsordnungen in
der Verantwortung der Länder bleiben müssen;
Die Erfahrungen mit dem Schornsteinfegerrecht haben gezeigt, dass ein Be-
dürfnis nach möglichst einheitlichen Regelungen auf Länderebene besteht.
Bund und Länder haben sich deshalb im Frühjahr 2006 auf eine Muster-,
Kehr- und Überprüfungsordnung verständigt. Die Umsetzung soll sich auch
an möglichen Änderungen des Schornsteinfegergesetzes als Folge des Ver-
tragsverletzungsverfahrens orientieren und nach Möglichkeit von allen Län-
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Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 14 / 2539
dern einheitlich umgesetzt werden, um Transparenz, Akzeptanz und Be-
gründbarkeit der Gebühren für die Gebührenzahler entsprechend dem
bundeseinheitlichen REFA-Gutachten für Arbeitswerte im Schornsteinfeger-
handwerk zu gewährleisten. Diese Gründe sprechen für eine einheitliche Re-
gelung durch den Bund.
Darüber hinausgehenden länderspezifischen Belangen soll nach dem Gesetz-
entwurf durch eine Ermächtigung Rechnung getragen werden, über die die
Länder durch eigene Rechtsverordnung weitere Anlagen bestimmen können,
die gereinigt und überprüft werden müssten, und in welchen Zeiträumen dies
zu geschehen habe.
10. wie sie die Vorschläge des Handwerks zu einem Integrationsmodell für
das Schornsteinfegerwesen beurteilt.
Bei dem sog. „Integrationsmodell des Handwerks“ handelt es sich nicht um
einen Vorschlag von Handwerksorganisationen, sondern um eine wissen-
schaftliche Modellüberlegung, die kürzlich in der akademischen Fachzeit-
schrift „Verwaltung & Management“ vorgestellt wurde.
Das Integrationsmodell bewegt sich weg vom bestehenden Kehrbezirks-
system hin zu einer umfassenden Liberalisierung des Marktes für Schorn-
steinfegerdienstleistungen unter Aufrechterhaltung der bestehenden Feuer-
sicherheit. Es lässt darüber hinaus Spielraum zur Mitwirkung privater Versi-
cherungen im Rahmen der Vollzugskontrolle. Das Integrationsmodell kommt
insofern als ein Ausgangspunkt für eine als notwendig erachtete Alternative
zum Entwurf der Bundesregierung in Betracht.
Die Landesregierung bedauert, dass die Bundesregierung keinen zeitgemä-
ßen, die technische Entwicklung von Feuerungsanlagen nachvollziehenden
und marktwirtschaftlichen Grundsätzen entsprechenden Entwurf für ein
Schornsteinfegergesetz vorgelegt hat, der die Bürger in ihrer Eigenverant-
wortung gestärkt und zugleich finanziell entlastet hätte. Anstatt vorhandene
Doppelstrukturen im Schornsteinfegerwesen abzubauen, werden zusätzliche
aufgebaut.
Das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg vertritt die Auffassung,
dass ein funktionsfähiger und damit Preis
senkender Wettbewerb
im
Schorn-
steinfegerwesen nicht möglich ist, wenn die Erfüllung vermeintlich hoheit-
licher Aufgaben dem zu schaffenden Amt eines Bezirksbevollmächtigten
innerhalb eines Verwaltungsbezirkes verbleibt, die Verrichtung der übrigen
Schornsteinfegerarbeiten zwar auch durch „freie Schornsteinfeger“ innerhalb
des Verwaltungsbezirks zugelassen wird, der für den Bezirk Bevollmächtigte
seinen Wettbewerber aber kontrolliert bzw. „mitverwaltet“ und der Bürger
überdies mit einem bürokratischen Formblattsystem konfrontiert wird.
Die Landesregierung wird deshalb die
bevorstehenden Beratungen
im
Bundes-
rat weiter nutzen, um auf einen wettbewerbsfreundlicheren und weit weniger
bürokratischen Gesetzentwurf hinzuwirken.
Pfister
Wirtschaftsminister
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TWMueller

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Re: SchfHwG - Reform-Unwille und politischer Betrug
« Antwort #2 am: 22.06.13, 22:47 »
Fassen wir das ganze "Geschwafel" (ich meine natürlich die wichtigen politischen Grundsatzüberlegungen) mal zusammen:
VIEL GEREDE, WENIG REFORM UND NOCH MEHR BÜROKRATIE.

POLITIK ist halt POLITIK.

Wenn es um Reformen oder gar Bürokratieabbau geht, wird doch erst mal ein Beratungsunternehmen beauftragt, einen Plan zu erarbeiten, wie man einen "runden Tisch" organisieren könnte, der dann "Fachleute" und Interessenvertreter anhören soll, um schon wenige Jahrzehnte später einen Entwurf für ein Reformkonzept zur Diskussion zu stellen. Kleine Verzögerungen müssen hierbei immer berücksichtigt werden, da ja alle paar Jahre auch noch Wahlen sind und sich nach neuer Postenbesetzung ggf. auch die Proportionen in den Ausschüssen und Gremien verändern können. Und neue Parteivertreter müssen sich halt auch erst wieder neu in die schwierige Problematik einarbeiten.

In Baden-Württemberg würde ich fast wetten, dass ein Bezirksschornsteinfeger bei der Eröffnung des Stuttgarter Tiefbahnhofs mit auf dem Podest stehen wird (wann immer dies auch sein mag).

Wer glaubt, die Politik würde freiwillig (ohne Urteil eines Verfassungsgerichts oder eine EU-Verordnung) Bürokratie abbauen, etwas vereinfachen oder gar mutig mal Privilegien streichen, der glaubt wohl auch noch an den Weihnachtsmann. Oder daran, dass die Schornsteinfeger Glück bringen oder deutsche Häuser nach deren Zwangsbesuchen sicherer sind. Aber Politiker sind doch "waschechte Demokraten" und streben ständig danach, für das Volk und für den Bürger das sachlich und logisch optimale Ergebnis zu erarbeiten. Sie leben hierbei auf einer Erde, die eine Scheibe ist und die im Mitelpunkt des Universums steht.

Seien wir daher mal einen Moment ehrlich:
Wer sich auf die Politik verläßt, der ist verlassen.
« Letzte Änderung: 22.06.13, 22:49 von TWMueller »
Thomas W. Müller
Aktion SchornsteinFegerRechts-Reform

Tel.: 0170 5258679
Mail: AKTUELL BITTE  KEINE MAILS
FORUM: http://sfr-reform.carookee.com/
Ich freue mich über jeden persönlichen Kontakt.

MB500

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Re: SchfHwG - Reform-Unwille und politischer Betrug
« Antwort #3 am: 26.06.13, 21:03 »

Wir gehen nochmals zurück ins Jahr 2008

http://www.haustechnikdialog.de/News/8655/Wie-geht-s-weiter-mit-der-Schornsteinfegernovelle-

hier der wesentliche letzte Abschnitt
Abschluss des Gesetzgebungsverfahren
Durch die Reform sollte das Schornsteinfegerwesen für den Bürger keineswegs bürokratischer und teurer werden, so die zentrale Forderung des Landes Baden Württemberg. Doch sollte das neue Schornsteinfegergesetz die bisher hohen Standards bei der Feuersicherheit und beim Umweltschutz beibehalten und selbstverständlich auch eine Zukunft für die rund 7.800 Betriebe des Schornsteinfegerhandwerks mit ihren 20.000 Beschäftigten bieten. Dass dies keine einfache Sache ist, zeigt schon die Tatsache, dass der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte in der 843. Sitzung des Bundesrats von bereits 15 vorgelegten Modellen und drei Gesetzesentwürfen sprach. Ein Verlust von Standards an Sicherheit und Umweltschutz sollte vermieden werden. Hier gilt es also umsichtig die unterschiedlichen Interessen weiter abzuwägen und sich noch mehr aufeinander zuzubewegen. Da ist es hilfreich, dass Beyerstedt als Präsident des ZIV ganz klar formuliert hat:„Wir sind immer zu Kompromissen bereit."  Zudem hat sich die Bundesregierung auf Empfehlung des Bundesrats zu einer Überprüfung der Auswirkungen des Gesetzes auf andere Handwerke während der Übergangszeit bereit erklärt. Wenn sich nun auch noch der ZVSHK bewegt, könnte mit der Anhörung am 16.06.08 der Schritt in Richtung Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens gehen. Das wäre gut um der allgemeinen Verunsicherung ein Ende zu setzen und nicht noch zu riskieren, dass das Vertragsverletzungsverfahren fortgesetzt wird.

....es ging eindeutig beim neuen Schornsteinfegerhandwerksgesetz um genau zwei Punkte. Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland mußte aufgehoben und erfüllt sein und die 7800 Kehrbezirkre mußten mit aller Macht "gerettet" werden, damit die schwarze Mannschaft in Ruhe weiter machen konnte wie bisher  ,darum setzte der Schornsteinfegerverband alle
Hebel in Bewegung und setzte den Staatssekretär Schauerte auf seine "Gehaltsliste" . Seine Aufgabe war dann die Politik und den Bundestag zu überzeugen für die Zustimmung zum Gesetzesbeschlußes für das jetzige Modell.

In der Eile des Gefechts wurde leider nicht die richtige nationale Gesetzeslinie lt.Grundgesetz bedacht bis zu mir als "Kehrpflichtiger " . Das rächt sich jetzt bitterbös ,wenn man zum Vorteil für sich selbst andere bewußt rechtlicht betrügen möchte. Das "Imperium der Kehrpflichtigen" schlägt zurück .

Bei einem von vorne herein "nichtigen" Feuerstättenbescheid aufgrund rechtlicher Formfehler ( Behörde ist auf Briefkopf nicht ersichtlich ) greift auch  nicht der Passus " hat keine" aufschiebenden Wirkung" . Keine aufschiebende Wirkung hat lediglich nur mit dem Inhalt zu tun im Streitfall, der Bescheid muß jedoch rechtlich okay sein.

Wie heißt es doch so schön...... wer anderen eine Grube gräbt fällt selbst hinein......

MB500SL




Birdyblack

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Re: SchfHwG - Reform-Unwille und politischer Betrug
« Antwort #4 am: 17.05.19, 04:40 »
Ich denke, dass es in jedem Land Betrug gibt, ob es Betrug ist oder es besser macht.