Das grundsätzliche Problem wird erst dann deutlich, wenn man gedanklich ein paar Schritte zurücktritt. Eine Dichtigkeitsprüfung von Abwasserrohren mag sinnvoll erscheinen. Eine energetische Gebäudesanierung kann Heizkosten senken. Eine Prüfung verrußter Schornsteine könnte einer Brandgefahr vorbeugen. Schimmel in Lüftungsanlagen könnte Gesundheitsgefahren bergen. Keime im Warmwasser sind auch riskant. Und ... und ... und ...
Vater Staat, sprich die unbeschäftigten Parteipolitiker müssen sich halt immer wieder etwas einfallen lassen, um ihre Existenz zu berechtigen. Gerade die ausufernde EU-Verwaltung ist doch darauf angewiesen, ständig neue Regelungsfelder zu finden. Und mit jeder "guten" Idee werden Scheibchen für Scheibchen in Salamitaktik die Freiheitsrechte der Bürger abgebaut. Der Einzelfall erscheint hierbei sogar oft noch sinnvoll, aber die Masse, die Kombination macht es halt.
Gab es da nicht mal das Schlagwort vom "schlanken Staat"? War da nicht mal von "Deregulierung" die Rede? Steht da nicht irgendwo in den tausenden Seiten der EU-Verträge etwas von "Subsidiarität"? Soll also nicht die höhere Ebene auf Regulierungen verzichten, wenn die unteren Ebenen hinreichend eigenständig wirken können?
Und wie sieht es in der Praxis aus? Man nimmt das Schlagwort "Entbürokratisierung" und schafft zunächst auf EU-Ebene eine Behördenstruktur zur Versorgung eines ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten. Und dann werden erst mal Arbeitsgruppen und Ausschüsse gebildet. Die Verwaltung wächst, die Kosten steigen und was kommt raus? Nun, Deutschland lebt auf, auch krumme Gurken dürfen wieder gehandelt werden. Toll!
Aber der Fehler steckt bereits im System. Zwar sollen die im Grundgesetz verankerten Grundrechte den Bürger eigentlich vor einem ausufernden Staat schützen, aber die Justiz räumt dem Gesetzgeber leider in der Praxis einen viel zu großen Spielraum ein. Der Blick der Richter wird starr auf eine Rechtsnorm, einen Paragrafen, auf eine losgelöste Rechtsfrage gerichtet. Der Gesamtblick geht verlosen. Der Vorrang der individuellen Freiheit vor einer überbordenden Regulierungswut der Politik wird übergangen.
Die Frage dürfte somit nicht lauten: "DARF der Staat dies?", sondern "MUSS das geregelt werden?" Eine FREIHEITLICHE Gesellschaft MUSS eben nicht JEDES noch so kleine Risiko oder Problem für den einzelnen Bürger beseitigen oder lösen. In einer FREIHEITLICHEN Gesellschaft sollte der Gesetzgeber vielmehr erst dann tätig werden, wenn eine Gefahr so erheblich ist, dass diese von den freiheitsberechtigten Individuen nicht mehr eigenständig gehandhabt werden kann.
Sport mag der Gesundheit förderlich sein. Sportvereine können den Hort eines sozialen Miteinanders darstellen. Aber dürfte der Gesetzgeber jetzt ein Gesetz beschliessen, dass jeden Bürger verpflichtet, in einem Sportverein seiner Wahl Mitglied werden zu MÜSSEN? Um das hohe Ziel der Volksgesundheit zu erreichen, müssen "träge" Zeitgenossen halt mit gesetzgeberischen Mitteln dazu angehalten werden, etwas für ihre Gesundheit und ihre Sozialkompetenz zu tun. Eine Beschränkung der Grundrechte erscheint doch nur angemessen, da zukünftigen Krankheitskosten der Allgemeinheit, sprich des Gesundheitswesens, vorgebeugt wird. Und immerhin verbleibt dem einzelnen Bürger ja noch die Restfreiheit, sich seinen Verein (allerdings nur im Rahmen der Vereine, die im Bundesvereinsregister eingetragen sind) selbst zu wählen. Alles doch recht sinnvoll? Oder?
Freiheit bedeut eben, zu überzeugen und nicht vorzuschreiben.
Dies mag mehr Aufwand bedeuten und ist weniger geeignet, sich als Spitzenpolitiker zu profilieren. Aber der Gewinn an Erkenntnis und Entscheidungskompetenz in der Gesellschaft wird diesen Mehraufwand deutlich übersteigen. Unser Bild der Gesellschaft geht eben nicht mehr wie im Mittelalter von einer kleinen "wissenden" Elite und einem breiten, aber dummen Staatsvolk aus. Unser Leitbild sollte vielmehr die Gesellschaft aus GLEICHBERECHTIGTEN und FREIEN Bürgern sein. Der "Staat", das darf nicht die "Elite" ÜBER dem Volk sein, der "Staat" muss vielmehr als SELBSTVERWALTUNG einer Gemeinschaft freier und gleicher Bürger verstanden werden.
Und bitte nicht vergessen:
Es mag Bürger ohne Staat geben,
aber es gibt keinen Staat ohne Bürger.